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Das BKA-Gesetz (Entwurf)

Mit dem vorliegenden Entwurf zum neuen BKA Gesetz wird eine Polizeibehörde mit den Kompetenzen eines Nachrichtendienstes geschaffen. Die Vermischung von Polizei, Nachrichtendiensten und Militär würde mit der Umsetzung dieses Gesetzes einen deutlichen Schritt vorrangehen. Die Mehrausgaben des Bundes durch Umsetzung des Gesetzentwurfes werden mit 23 Mio. Euro im ersten Jahr und 10 Mio. Euro in den weiteren Jahren geschätzt.

Der §20 des Gesetzentwurfes definiert in den Absätzen a-y(!) die Kompetenzen dieser Behörde. Dazu zählen:

Das heimliche Betreten von Wohnung ist zur Installation der Video- und akustischen Überwachungstechnik erlaubt sowie zur Installation der für die Quellen-TKÜV notwendigen Software. Mit Quellen-TKÜV bezeichnet man das Abhören verschlüsselter VOIP-Telefonate vor der Verschlüsselung. Zur Online-Durchsuchung ist ein heimliches Betreten der Wohnung nicht zulässig, der Bundestrojaner soll über eine Onlineverbindung installiert werden.

Entgegen der Urteil 1 BvR 2378/98 des BVerfG zum großen Lauschangriff soll es auch zulässig sein, Gespräche aus dem Bereich privater Lebensführung aufzuzeichnen. Die mit der Onlinedurchsuchung gewonnenen Daten soll ein BKA-Beamter mit Befähigung zum Richteramt soll zusammen mit einem zweiten Beamten prüfen, ob der Bereich der privaten Lebensführung verletzt wird (das BKA kontrolliert sich selbst?).

Wanzen dürfen auch in den Wohnungen unbescholtener Bürger installiert werden, wenn Verdächtige sich dort vorraussichtlich aufhalten.

Ermittelt das BKA wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung nach §129a StGB, können sich die Befragten (oder Verhörten) nicht auf ein Zeugnisverweigerungsrecht berufen. Bisher geschützte Vertrauensverhältnisse für Familienmitglieder, Journalisten, Geistliche, Strafverteidiger und Abgeordnete sollen damit ausgehebelt werden. Diese Einschränkung des Selbstschutzes ist verfassungswidrig.

Im Rahmen präventiver Ermittlungen (ohne konkreten Tatverdacht) soll das BKA die Befugnis erhalten, in eigener Regie zu handeln. Im Rahmen dieser Vorfeldermittlungen unterliegt das BKA nicht der Leitungsbefugnis der Staatsanwaltschaft. Erst wenn die Ermittler des BKA meinen, dass die Erkenntnisse ausreichend sind, muss die Bundesanwaltschaft informiert werden.

Ein wenig öffentlich diskutiertes Highlight ist §20g (2): "Besondere Mittel der Datenerhebung sind der Einsatz von Personen, die nicht dem BKA angehören und deren Zusammenarbeit mit dem BKA Dritten nicht bekannt ist (Vertrauenspersonen)."

Eine passende Bezeichnung für diese Personen wäre Informelle Mitarbeiter (BKA-IM)? Auch wenn das Gesetz euphemistisch von "Vertrauenspersonen" spricht, IMs sind jene, die das Vertrauen ihrer Freunde, Bekannten und Mitstreiter missbrauchen. Dieser Paragraph regelt praktisch die (Wieder-) Einführung der IMs für eine Behörde, die geheimdienstliche und polizeiliche Kompetenzen vereint. (Gab es das nicht schon mal?)

Bei den Ermittlungen wird das BKA (teilweise ohne Kontrolle) auf beachtliche Datenbestände zugreifen können, beispielsweise auf ein ZentralesMelderegister und die umstrittene AntiTerrorDatei, gegen die eine Klage beim BVerfG anhängig ist.

Der Vorschlag, das BKA aufgrund der erweiterten Befugnisse der Kontrolle des Parlamentarische Kontrollgremium (PKG) des Bundestages zu unterstellen, wird von Jörg Ziercke (Präsident des BKA) vehement abgelehnt. Nach Einschätzung des MdB Wolfgang Wieland (Grüne) wird es dem BKA mit dem neuen Gesetz in einem gewissen Grad möglich sein, sich der justiziellen und parlamentarischen Kontrolle zu entziehen.

Das Bundeskriminalamt soll im Einzelnen die folgenden Mittel anwenden dürfen (siehe 4. Quelle):

  1. Persönliche Daten sammeln
  2. Personen befragen (diese sind verpflichtet, Auskunft zu geben)
  3. die Identität von Personen feststellen und Berechtigungsscheine prüfen
  4. Personen erkennungsdienstlich behandeln, das heißt u.a.
    1. der Person Fingerabdrücke abnehmen,
    2. der Person Handflächenabdrücke abnehmen,
    3. Foto der Person aufnehmen,
    4. Videoaufzeichnung der Person aufnehmen,
    5. äußere körperliche Merkmale der Person feststellen,
    6. Messungen an der Person vornehmen,
    7. die Stimme der Person aufzeichnen.
  5. Personen vorladen (diese sind verpflichtet, zu erscheinen)
  6. Besondere Mittel der Datenerhebung anwenden, darunter
    1. langfristige Observation von Personen
    2. geheimes Fotografieren, Filmen und Abhören, auch in Wohnungen
    3. sonstige Observationsmittel einsetzen wie GPS-Wanzen
    4. Beamte („verdeckte Ermittler“) und Privatpersonen („Vertrauenspersonen“) einsetzen, die sich das Vertrauen des Betroffenen durch Täuschung erschleichen und mit dem Betroffenen auch Wohnungen betreten dürfen; verdeckte Ermittler dürfen auch falsche Papiere benutzen
  7. Personen zur geheimen polizeilichen Beobachtung ausschreiben
  8. Datenbestände jeder Behörde, jedes Unternehmens und jeder Privatperson erheben, um sie nach bestimmten Merkmalen zu rastern (Rasterfahndung)
  9. heimlich Computer und andere Geräte überwachen und Daten auslesen
  10. Telefon, Handy, E-Mail, Internet und andere Telekommunikation überwachen
  11. Verbindungsdaten abrufen, einschließlich verdachtslos auf Vorrat gespeicherter Daten
  12. Standortdaten von Handys abrufen, einschließlich verdachtslos auf Vorrat gespeicherter Daten
  13. Internet-Nutzungsdaten abrufen, z.B. von Google und eBay
  14. Handys identifizieren und lokalisieren („IMSI-Catcher“)
  15. Platzverweise erteilen
  16. Personen in Gewahrsam nehmen
  17. Personen durchsuchen
  18. Sachen in Abwesenheit des Eigentümers geheim durchsuchen
  19. Sachen sicherstellen
  20. Wohnungen durchsuchen. Bei der Durchsuchung einer Wohnung hat der Wohnungsinhaber das Recht, anwesend zu sein. Ist er abwesend, so ist, wenn möglich, sein Vertreter oder ein erwachsener Angehöriger, Hausgenosse oder Nachbar hinzuzuziehen.
  21. Das BKA darf erlangte Daten an jede öffentliche Stelle zur Abwehr einer erheblichen Gefahr und zur Strafverfolgung weiter geben. Das gilt auch für „Zufallsfunde“. Das BKA darf erlangte Daten auch an die Geheimdienste für deren Zwecke weiter geben.

Vor den Maßnahmen des BKA geschützt sind nur Geistliche, Strafverteidiger und Abgeordnete, wenn sie ihren Beruf ausüben und nicht Verursacher der abzuwehrenden Gefahr sind.

Quellen:

GPFWiki: BKA-Gesetz (last edited 2008-07-30 18:48:50 by 217)


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