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Recht und Gesetz (Deutschland)
Artikel 5 GG garantiert allen Bürgern "ein Leben in Freiheit und Sicherheit", in Sicherheit vor einem übermächtigen Staatsapparat, wie Verfassungsrechtler betonen, nicht in Sicherheit durch den Staat.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat in seinen Urteilsbegründungen mehrfach darauf hingewiesen, dass funtionierende demokratische Strukturen die Beteiligung und Mitarbeit der Bürger brauchen. Das demokratische Gemeinwesen wird nachhaltig geschädigt, wenn Menschen durch ausufernde Überwachung in ihrer freien Entscheidung und Wahrnehmung ihrer Rechte beeinträchtigt werden. Kurze Zusammenfassungen einiger Urteile des BVerfG.
Im Gegensatz zu diesen Leitlinien werden durch den Gesetzgeber unter Hinweis auf eine abstrakte (Terror-) Gefahr immer neue Überwachungsbefugnisse eingeführt. Grundprinzipien wie die Trennung von Polizei und Geheimdiensten werden schrittweise aufgegeben, Datensammlungen mit unbeschränkten Zugriffsmöglichkeiten für Behörden im Rahmen sogenannter "präventiver" Ermittlungen (ohne konkreten Tatverdacht) werden angelegt, die anlasslose Videoüberwachung wird technisch und rechtlich ausgebaut....
Zwei Zitate sollen dieses Spannungsfeld zwischen Überwachung und Rechtsstaat verdeutlichen:
"Wir werden nicht zulassen, dass technisch manches möglich ist, aber der Staat es nicht nutzt..." (A. Merkel, Bundeskanzlerin)
"Inzwischen scheint man sich an den Gedanken gewöhnt zu haben, dass mit den technischen Möglichkeiten auch deren grenzenloser Einsatz hinzunehmen ist. Wenn aber selbst die persönliche Intimsphäre kein Tabu mehr ist, vor dem das Sicherheitsbedürfnis Halt zu machen hat, stellt sich die Frage, ob das Menschenbild, das eine solche Vorgehensweise erzeugt, noch einer freiheitlich- rechtsstaatlichen Demokratie entspricht." (R. Jaeger, C. Hohmann-Dennherdt, Richterinnen am BVerfG).
Die Versuche zur Etablierung der Neuen Sicherheitsarchitektur begannen bereits Jahre vor den Ereignissen des 11. September 2001. 1998 wurde das Gesetz zum Großen Lauschangriff verabschiedet, welches das BVerfG im März 2004 für nichtig erklärte. Die Einführung der Vorratsdatenspeicherung scheiterte bereits einmal Ende der neunziger Jahre.
Einige Gesetze und aktuelle Gesetzesvorhaben:
BKA-Gesetz Das BKA-Gesetz (Entwurf) ist Teil der neuen Sicherheitsarchitektur und schafft eine völlig neue Polizeibehörde mit den Kompetenzen eines Geheimdienstes. Die justizielle und parlamentarische Kontrolle der Behörde wird eingeschränkt.
VorratsDatenSpeicherung: im Rahmen der VDS soll für 6 Monate gespeichert werden, wer wann und mit wem telefoniert oder eine E-Mail geschrieben hat, wer wann unter welcher IP-Adresse online war. Umfangreiches Material stellt der AK Vorratsdatenspeicherung bereit.
OnlineDurchsuchung: Die heimliche Online-Durchsuchung ist seit Herbst 2006 in der öffentlichen Diskussion. Aktuell hat Bayern eine Entwurf zur Aufnahme dieser Maßnahme in das Strafgesetzbuch eingereicht. Die Stellungnahme des Bayerischen Landesbeauftragten für den Datenschutz sagt eigentlich schon alles: der Entwurf ist nicht verfassungskonform. Der Bayrischen Landespolizei und dem Bayrischen Verfassungschutz wurden bereits weitgehende Rechte eingeräumt.
AntiTerrorDatei ist eine gemeinsame Datensammlung von Nachrichtendiensten und Polizei, die schon im Konzept dem Artikel 87 GG widerspricht, da sie die Trennung von Polizei und Nachrichtendiensten aufhebt.
Polizeigesetz Baden-Württembergs gibt der Landespolizei neue Befugnisse u.a. im Bereich präventiver Ermittlungen ohne Tatverdacht, dem Zugriff auf die im Rahmen der Vorratsdatenspeicherung gesammelten Verbindungsdaten und bei der Vidoeüberwachung.
ZentralesMelderegister ist ein Projekt, um umfangreiche Datensammlungen über jeden Bürger anzulegen und diese der Polizei, dem BKA sowie den Geheimdiensten zur Verfügung zu stellen.
Versammlungsgesetz Bayern (Entwurf) ist laut ver.di München der Beginn einer Rutsche nach unten auf dem Gebiet Versammlungsfreiheit. Dieses Grundrecht wurde im Rahmen der Förderalismusreform zur gesetzlichen Ausgestaltung an die Länder übergeben.
Recht und Gesetz (Europäische Union)
Artikel 33 Absatz 6 der neuen EU-Verfassung ermächtigt den europäischen Rat, nahezu die gesamten innenpolitischen Regelungen der Mitgliedsstaaten inklusive des Raumes der Freiheit, der Sicherheit, das Polizeirecht, das Strafrecht u.a.m. ohne Zustimmung der gewählten Parlamente zu regeln. Die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung ist gegen dieses Recht nur ein unbeholfener erster Versuch.
EU-FlugGastDatenSammlung Das Abkommen zum Austausch von Flugpassagierdaten mit den USA ist für EU-Justizkommisar Frattini ein Beispiel, das er nachahmen und ausbauen möchte. Sein Ziel ist ist eine lückenlose, europaweite Kontrolle der Transportwege zu Land, zur See und in der Luft. (Interview im Spiegel 11/08 S. 40)
Datentransfers in die andere Länder
Austausch von Polizeidaten mit USA wurde Anfang März vereinbahrt. Die USA erhalten mit diesem Abkommen auch Daten von Schwarzfahrern, Demonstranten, Asylbewerbern, Visum-Antragstellern.... Ein angemessener Datenschutz ist in den USA nicht gewährleistet, warnt P. Schaar.
Abschaffung des Briefgeheimnisses Gemäß einem Handelsabkommen werden seit Jahren die Daten von jeder Packetsendung in die USA (Absender, Empfänger und, sofern verfügbar, über den Inhalt) an die US-Behörden übermittelt. Die Betroffenen wurden nicht informiert. Diese Regelung geht über die rechtlich bedenkliche Vorratsdatenspeicherung noch hinaus.
Sonstiges
Relevant für Anonymisierungs-Server Einige Auszüge aus Gesetzen, die für Betreiber von Anonymisierungs-Servern relevant sein könnten.